Serialisierung und Fälschungsschutz in der Schweiz
12. November 2025Mit der geplanten Umsetzung der EU-FMD soll die Serialisierung auch in der Schweiz schrittweise verpflichtend werden. Unser Überblick zeigt, was sich ändert und welche Schritte Unternehmen planen sollten.
Regulatorischer Hintergrund
Die EU-Falsified Medicines Directive (2011/62/EU) gilt seit 2019 und verpflichtet Hersteller, jede Packung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels mit einem individuellen Erkennungsmerkmal und einer Sicherheitsvorrichtung zu versehen.
In der Schweiz bildet Artikel 17a HMG die Grundlage für ein entsprechendes nationales System. Nach der Annahme der Motion Ettlin (22.3859) wurde das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) beauftragt, die Ausführungsverordnung zu erarbeiten. Der Entwurf wurde am 6. Mai 2025 in die Vernehmlassung gegeben, die bis 27. August 2025 lief.
Der Entwurf sieht eine gestaffelte Einführung vor: zunächst für verschreibungspflichtige Arzneimittel, während für weitere Produktgruppen noch Abklärungen laufen. Mehrere Kantone und Verbände sprachen sich in ihren Rückmeldungen für längere Übergangsfristen und eine bessere Abstimmung mit dem EU-System aus, um Doppelaufwäne zu vermeiden.
Neue Pflichten für Pharmazeutische Unternehmen
Alle verschreibungspflichtigen Humanarzneimittel, die in der Schweiz hergestellt oder in Verkehr gebracht werden, müssen künftig folgende Angaben auf der äusseren Verpackung tragen: Eindeutige Seriennummer, Produktcode nach ISO-Standard, Chargennummer und Verfalldatum.
Diese Informationen werden als zweidimensionaler DataMatrix-Code und zusätzlich in Klarschrift aufgebracht. Ergänzend ist eine Sicherheitsvorrichtung anzubringen, die zeigt, ob eine Packung geöffnet oder manipuliert wurde.
Hersteller müssen die entsprechenden Daten vor der Markteinführung in eine nationale Datenbank eintragen. Diese wird von der Swiss Medicines Verification Organisation (SMVO) betrieben, einer Non-Profit-Organisation der Schweizer Pharmaindustrie.
Apotheken, Spitäler und selbstdispensierende Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, jede Packung zu prüfen, den Code zu scannen und die Seriennummer zu deaktivieren.
Übergangsfristen und Einführung
Ein Inkrafttretensdatum der Verordnung steht noch nicht fest; es wird erst nach Auswertung der Vernehmlassung durch den Bundesrat festgelegt. Vorgesehen ist eine Übergangsfrist von zwölf Monaten nach Inkrafttreten, in der betroffene Unternehmen ihre Systeme und Prozesse anpassen müssen.
Mehrere Vernehmlassungsantworten bewerten diese Frist als zu kurz und fordern längere Übergangszeiten – teils bis zu fünf Jahren – insbesondere für kleinere Hersteller und Apotheken, um technische und finanzielle Belastungen abzufedern.
Arzneimittel, die vor Ablauf der Frist produziert wurden, dürfen bis zum Verfalldatum verkauft werden. Für Warnmeldungen, die keinen Hinweis auf eine tatsächliche Fälschung geben, ist eine dreijährige Einführungsphase vorgesehen. Diese soll es den Akteuren ermöglichen, Erfahrungen im praktischen Betrieb zu sammeln und technische Optimierungen vorzunehmen.
Technische und organisatorische Anforderungen
Die Umsetzung der Serialisierung betrifft sowohl Produktions- als auch IT-Prozesse. Zulassungsinhaber sind verantwortlich, dass Seriennummern generiert, verwaltet und im nationalen Verifikationssystem hinterlegt werden. Diese Aufgaben können an Hersteller oder Auftragshersteller delegiert werden.
Zentrale Anforderungen sind:
- Integration der Verpackungslinien in das ERP-System
- Sichere Kommunikation mit dem nationalen Verifikationssystem
- Nachvollziehbare Dokumentation gemäss GDP und GMP
- Schutz der Daten vor unbefugtem Zugriff
Grosshändler prüfen Seriennummern risikobasiert, wenn sie Arzneimittel übernehmen oder zurücknehmen, nehmen aber keine eigene Datenmeldung vor.
Schweizer Besonderheiten
Die Schweiz orientiert sich am europäischen Regelwerk, betreibt jedoch ein eigenes Datenbanksystem, das nicht direkt an das EU-Repository angeschlossen ist. Eine technische Anbindung bleibt möglich, sofern zukünftige Abkommen geschaffen werden. Auch die freiwillige Kennzeichnung nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel bleibt zulässig, sofern sie technisch sinnvoll ist.
Diese Gestaltung soll sicherstellen, dass die Versorgung stabil bleibt und gleichzeitig ein angemessener Fälschungsschutz gewährleistet ist.
Herausforderungen und Chancen
Die Einführung der Serialisierung bringt Aufwand in der Anpassung von Anlagen, IT-Systemen und Prozessen mit sich. Besonders kleinere Unternehmen und Apotheken stehen vor organisatorischen und finanziellen Hürden.
Langfristig überwiegen jedoch die Vorteile: Die Harmonisierung mit der EU erleichtert den Handel, erhöht die Transparenz der Lieferkette und stärkt die Arzneimittelsicherheit. Zudem entsteht die Möglichkeit, bestehende Systemlandschaften zu modernisieren und digitale Validierungsprozesse zu vereinheitlichen.
Handlungsempfehlungen für betroffene Unternehmen
Unternehmen sollten frühzeitig mit der Planung beginnen:
- Systemanalyse – Prüfen, ob bestehende ERP- und MES-Systeme Serialisierungsfunktionen unterstützen.
- Prozessaufnahme – Identifikation der Schritte, an denen Seriennummern generiert, gedruckt und verifiziert werden.
- Gap-Analyse – Abgleich mit den Anforderungen des BAG und der SMVO.
- Validierung – Sicherstellen, dass alle Änderungen GxP-konform dokumentiert sind.
- Schulung – Mitarbeitende für den Umgang mit Verifikationssystemen und Warnmeldungen qualifizieren.
Wir bei der DHC unterstützen Unternehmen bei der Umsetzung der neuen Anforderungen, von der Prozess- und Systemanalyse über die technische Integration bis hin zur Validierung gemäss GMP und Annex 11. Unsere Erfahrung aus Projekten in regulierten Branchen ermöglicht eine effiziente und compliance-gerechte Implementierung.
Fazit
Mit der neuen Verordnung gemäss Art. 17a HMG bereitet die Schweiz die obligatorische Serialisierung verschreibungspflichtiger Arzneimittel vor. Sie stärkt die Arzneimittelsicherheit und harmonisiert die regulatorischen Vorgaben mit der EU-FMD.
Unternehmen, die frühzeitig mit der Umsetzung beginnen, profitieren von stabilen Prozessen, höherer Datenqualität und mehr Transparenz entlang der Lieferkette.
Sind Sie auf die Einführung der Serialisierung vorbereitet? Unsere Expertinnen und Experten unterstützen Sie gerne dabei, Ihr System- und Prozessdesign optimal auf die neuen Anforderungen abzustimmen. Kontaktieren Sie uns für ein persönliches Gespräch.
Wir freuen uns auf den weiteren Austausch mit Ihnen.